Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger kommt mit ihrem Gesetz gegen das Abmahnunwesen im Internet nicht voran. Offenbar blockieren andere Ministerien das von der FDP-Ministerin lange angekündigte Vorhaben und sorgen dafür, dass im Bundekabinett keine klaren Beschlüsse gegen Abmahn-Abzocker getroffen werden. Aus Sicht von Verbraucherschützern wäre es aber höchste Zeit, raffinierten Anwälten das Handwerk zu legen, die wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen bereits in kleinstem Ausmaß Internetnutzer abmahnen und mehrere hundert Euro Anwaltsgebühren fordern.
Ihnen geht es oft gar nicht um berechtigte Schutzinteressen der Unterhaltungsindustrie, die die massenhafte Verbreitung raubkopierter Musik oder Filme verhindern muss. Sie betreiben Abmahnungen als lukratives "Geschäftsmodell" und greifen oft sogar zu Serienbriefen, um Geld von Privatpersonen einzutreiben, die gegen die Rechte von Urhebern verstoßen haben sollen, weil sie etwa Musik-Dateien getauscht oder Bilder Dritter im Internet veröffentlicht haben. Laut dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) muss der Gesetzgeber Abmahn-Abzocke endlich stoppen und das Urheberrecht reformieren. Ein erster Schritt wäre nach Ansicht des vzbv eine Deckelung der Abmahngebühren. Damit könnten Anwälte nicht mehr oder weniger frei den Streitwert einer Urheberrechtsverletzung bestimmen und ihre Gebühren nach oben treiben, sondern wären auf einen niedrigen Pauschalbetrag festgelegt.
Der vzbv sieht einen dringenden Handlungsbedarf und macht auf ein für Verbraucher folgenschweres Urteil aufmerksam. Der Bundesgerichtshof hatte kürzlich höchstrichterlich entschieden, dass Inhaber von Urheberrechten vom Internet-Provider Auskunft über Anschlussinhaber verlangen können, die urheberrechtlich geschützte Werke in eine Online-Tauschbörse eingestellt haben, und zwar auch dann, wenn es sich offenbar um einen Einzelfall handelt. Im konkreten Fall hatte die Plattenfirma des deutschen Musikers Xavier Naidoo erfolgreich gegen die Deutsche Telekom geklagt (Urteil BGH, Az.I ZB 80/11). Ein solches Auskunftsrecht wurde von Gerichten bislang nur dann erteilt, wenn die Urheberrechtsverletzung gewerbliche Ausmaße erkennen ließ. Der BGH kippte nun diese Voraussetzung. "Mit dieser Entscheidung wird der Schutz der Verbraucher erheblich geschwächt und die Gefahr einer noch weiter reichenden Abmahnwelle wegen Urheberrechtsverletzungen provoziert", so die Einschätzung des vzbv.